Fall 23
Fallnummer | 23 |
Anklage | Betrug |
Verteidigung anwesend | Ja |
Übersetzung anwesend | Ja |
Rassifizierte Person | Ja |
Ausgang | Geldstrafe |
Eine Frau kommt für eine medizinische Behandlung nach Deutschland. Ihre Familie sammelt mehrere tausend Euro, damit sie die Kosten vorab bezahlen und dadurch ein Visum erhalten kann. Eine deutsche Behörde beschuldigt sie der Ausweisfälschung. Obwohl die Staatsanwaltschaft einräumt, dass der Angeklagten keine Täuschungsabsicht nachzuweisen ist und einen Freispruch fordert, verurteilt das Gericht sie zu einer hohen Geldstrafe und setzt somit ihren Aufenthalt in Deutschland und ihre Gesundheit aufs Spiel.
Der Richter äußert in diesem Fall den falschen Vorwurf, die Frau sei auf nicht legale Weise eingewandert. Das zeugt von der tiefen Verwurzelung rassistischer Vorurteile in Deutschland und seinem Strafsystem. Dieses Vorurteil prägt offensichtlich seine Haltung: Selbst der von der Staatsanwaltschaft eingeräumte Mangel an Beweisen findet bei ihm keine Beachtung. Auch die medizinische Notsituation der Frau bleibt in seiner Bewertung unberücksichtigt. Der Fall zeigt zudem, wie Gerichte als Instrument der Migrationskontrolle fungieren: Durch strafrechtliche Sanktionen werden zusätzliche Hürden für migrantisierte Menschen geschaffen, die ihre Lebensbedingungen und ihren Aufenthaltsstatus weiter destabilisieren.
Die beschuldigte Frau betritt den Gerichtssaal in Begleitung ihres Anwalts und eines Dolmetschers. Während der Verhandlung erfahren wir, dass sie etwa zwei Jahre zuvor für lebensnotwendige medizinische Behandlungen nach Deutschland gekommen war, nachdem mehrere Behandlungsversuche in ihrem Heimatland gescheitert waren. Ihre Familie hatte mehrere tausend Euro gesammelt, um die Behandlungskosten im Voraus zu decken und ihr somit zu ermöglichen, ein Visum zu erlangen.
Die Staatsanwaltschaft wirft der Frau vor, ein Ausweisdokument gefälscht und damit bei einer Behörde eine falsche Identität angegeben zu haben. Der Anwalt der Angeklagten erklärt die Umstände ihrer Einreise nach Deutschland und wie sie an das Ausweisdokument kam, welches die Behörde einem forensischen Bericht zufolge als gefälscht identifizierte. Der Anwalt erklärt, dass die Botschaft in ihrem Heimatland das Dokument anerkannt habe und die Frau demnach keinen Grund zu der Annahme hatte, es könnte gefälscht sein.
Der Richter bezweifelt diese Schilderung und nimmt fälschlicherweise an, der Visumantrag der Angeklagten sei abgelehnt worden. Der Anwalt korrigiert ihn und erklärt, dass dem Antrag aus medizinischen Gründen stattgegeben wurde.
Sowohl Staatsanwaltschaft als auch Verteidigung plädieren für einen Freispruch, aber der Richter beharrt darauf, dass die Fälschung belegt sei. Zudem habe er keine Zweifel an den Täuschungsabsichten der Angeklagten. Der Anwalt erklärt erbost, er werde Einspruch einlegen.